Bei Diskussionen rund um das Bürgergeld tauchen immer wieder die selben Narrative von „empörten“ Wutbürgern auf. Auffallend, umso mehr diejenige Person sich echauffiert, umso niedriger sein wirkliches „Wissen“ zu diesem Thema. Es werden irgendwelche Plattitüden nachgeplappert, die man in irgendwelchen Überschriften aufgeschnappt hat und die in dem meist aus Unwissenheit geprägten Meinungsbild entsprechen. Nicht, dass ich etwas gegen andere „Meinungen“ hätte, allerdings ist eine „Meinung“, die zu einem Thema nicht mal auf einem gewissen Basiswissen beruht, für mich nur dummes Geschwätz. Aber das nur am Rande. Mal schauen, ob ich hier mal so den einen oder anderen Mythos zu diesem Thema entkräften kann. Um schon mal das simpelste zu klären: Asylbewerber bekommen kein Bürgergeld, sondern Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
„Nein, ein Flüchtling bekommt nicht 837 Euro im Monat in bar“ Quelle
Die Beträge für den notwendigen Bedarf und den notwendigen persönlichen Bedarf ab dem 1. Januar 2024 sind wie folgt: Quelle
Es wird gerne behauptet, dass Bezieher des Bürgergelds häufig Anspruch auf mehr Geld als im Niedriglohnbereich arbeitende Menschen haben. Dies ist nachgewiesenermaßen falsch. Auch arbeitende Menschen haben in vielen Fällen Anspruch auf soziale Leistungen und das zusätzlich zu ihrem Arbeitseinkommen. Die Stromkosten sind, entgegen weitläufiger Behauptungen, ein Teil des Bürgergeld-Regelsatzes, der monatlich an Bedürftige gezahlt wird. Diese kommen nicht zusätzlich noch zum Regelsatz. Der Regelsatz beinhaltet schon einen Zuschuss für Strom- und Gasausgaben, der etwa 8,84% des Gesamtsatzes ausmacht. Für Einzelpersonen entspricht dies etwa 42,55 Euro pro Monat. Die Stromkosten werden nicht zusätzlich zum Regelsatz vom Jobcenter übernommen, sondern müssen aus dem Regelsatz bezahlt werden. Die Stromkosten gehören auch nicht zu den Kosten für die Unterkunft, die separat vom Jobcenter erstattet werden.
„Bei ihrer aktuellen Kampagne gegen das Bürgergeld greift die “Bild”-Redaktion auch auf eine von ihr selbst in Auftrag gegebene Umfrage zurück:“ Quelle
„Echte Sozialbetrüger nähren Mythos der Bürgergeld-Hängematte“ Quelle
„Wieder ist ein heftiger Streit über das Bürgergeld entbrannt. Die Erhöhung um zwölf Prozent, oder 61 Euro pro Monat sehen manche als Kardinalfehler, der ein vermeintliches Lohnabstandsgebot verletzt undn die Anzahl der Bezieher des Bürgergeldes erhöhen wird. Andere sehen darin eine notwendige Anpassung in Zeiten hoher Inflation. Das Fatale dieser Diskussion ist, dass sie von populistischen und falschen Argumenten geprägt wird. Es ist höchste Zeit, mit den Mythen aufzuräumen.“ Quelle
„Wer Bürgergeld bezieht, hat am Monatsende mehr Geld auf dem Konto als Arbeitnehmer? Mit Einführung des Bürgergeldes lohne es sich doch gar nicht mehr, arbeiten zu gehen. Diese Behauptungen verbreiten sich gerade in den sozialen Netzwerken. Doch stimmt das? Ein Faktencheck.“ Quelle
„Was die Zahlen wirklich sagen
Lassen Sie uns einige der Behauptungen unter die Lupe nehmen, die im Umlauf sind:“ Quelle
Gerne werden extreme Beispiele herangezogen, um alle Empfänger in ein negatives Bild zu rücken. Je schlichter das Gemüt, desto empfänglicher ist man für solche Nachrichten.
„Unsere Autorin ärgert sich über die Behauptung, dass Menschen nach Deutschland kommen, um sich direkt in die soziale Hängematte zu legen. Aus eigener Erfahrung weiß sie: So einfach ist das alles nicht“ Quelle
„Die von manchen Politikern aufgestellte Behauptung, wer nur Sozialleistungen beziehe, bekomme netto mehr als ein Geringverdiener, ist schlicht falsch“, sagte Andreas Peichl, Leiter des Ifo-Zentrums. „Nur wenn ein Alleinstehender mit 1000 Euro Brutto-Einkommen keinerlei Sozialleistungen beantragt, die er erhalten kann, dann landet er bei 357 Euro netto“, sagte Ökonom Manuel Pannier. Bei 2000 Euro brutto kann ein Alleinstehender laut Ifo mit Sozialleistungen auf netto 1020 Euro im Monat kommen, ohne Sozialleistungen wären es 965 Euro. Beide Beträge seien wesentlich höher als das Bürgergeld von 563 Euro.
„Wegen des Haushaltslochs sucht die Politik momentan nach Bereichen, in denen gespart werden kann. In den Fokus geraten ist dabei auch das Bürgergeld. Doch die Berichterstattung über die Sozialleistung ist von Populismus und Desinformation geprägt.“ Quelle
„Einige Kritiker des Bürgergelds schüren eine Neiddebatte und haben teilweise ein deprimierendes Menschenbild. Drei Missverständnisse befeuern den Streit.“ Quelle
„BÜRGERGELD: CSU SCHREIBT FAKE NEWS VON AFD-NAHER ZEITUNG AB“ Quelle
Eines der beliebtesten Narrative ist, dass sämtliche Kosten für die Wohnung übernommen werden. Auch dies ist schlichtweg falsch. Zum Regelbedarf stehen Leistungsempfängern die Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung zu. In den ersten zwölf Monaten des Bürgergeldbezuges gilt eine sogenannte Karenzzeit: In diesem Zeitraum werden die Kosten der Unterkunft nicht auf die Angemessenheit überprüft – die Heizkosten hingegen werden nur im angemessenen Umfang vom Jobcenter übernommen. Beträge darüber hinaus sowie Kosten für Strom müssen vom Hilfebedürftigen selbst aus der Regelleistung bestritten werden. Die Höhe der Miete wird von Kommune zu Kommune gesondert bestimmt. Dabei orientiert man sich an den örtlichen Richtlinien. Liegen diese nicht vor, orientiert man sich am Wohngeldgesetz. Um genau zu sein, nimmt man die Werte aus § 12 WoGG zuzüglich eines pauschalen Aufschlags von 10 Prozent um die Bruttokaltmiete.
Entsprechende Quellen dazu findet ihr unter anderem auf Bürgergeld.org
„Kalte“ Nebenkosten sind die auf die Mieterinnen und Mieter umgelegten monatlichen Betriebskosten für Leistungen wie Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Straßenreinigung, Müllabfuhr, Hausverwaltung sowie die umgelegte Grundsteuer und Gebäudeversicherungen. In den kalten Nebenkosten im Sinne der amtlichen Statistik sind ausschließlich Zahlungen enthalten, die an die Vermieterin oder den Vermieter bezahlt werden“ Quelle
„Es gebe zu den Transferleistungen, zu denen auch das Bürgergeld gehört, ein komplexes Gesetzessystem, das außerdem noch flankiert werde von Urteilen des Bundesverfassungsgerichts. Deshalb sei es oft schwierig für Berichterstattende, den Überblick zu behalten, so Sayram.“ Quelle
„Neue Studie widerlegt Bürgergeld-Mythos: „Aufgestellte Behauptung schlicht falsch““ Quelle
„Fünf Mythen der rechten Bürgergeld-Hetze“ Quelle
„Die Mythen über das Bürgergeld“ Quelle
Natürlich gibt es auch Menschen, die nicht arbeiten wollen. Das sind Menschen, die sich entgegen ihres eigenen Lebensglücks verhalten, denn einer regulären Arbeit nachzugehen bedeutet eben nicht nur Arbeitslohn zu erhalten. Auch das Gefühl zu erleben, gebraucht zu werden. Für die von ihrer Steuerlast so sehr gequälten Mitbürger, die stets auf das Lohnabstandsgebot verweisen und nicht müde werden, die immer gleiche Leier von „wer arbeitet, muss mehr haben, als der, der nicht arbeitet“ zu singen, sei diese Tabelle empfohlen, die das neue Bürgergeld dem Mindestlohn gegenüberstellt.
Die von ihrer Steuerlast so Erdrückten, sei der Blick auf diejenigen empfohlen, die weitaus mehr Vermögen und Einkommen haben und trotzdem sich vor ihrer gesellschaftlichen Verantwortung drücken. Kriminelle Energie mit inbegriffen. Das sind diejenigen, die Ursache für die Steuerlast der fleißigen Mitte der Gesellschaft sind. Es sind eben NICHT die Bezieher des Bürgergeldes.
„Warum das Bürgergeld der Ampel-Koalitionäre das alte Hartz-IV-Regime in wichtigen Punkten zum Guten verändert.“ Quelle
„Weihnachtsgeld für Bürgergeld-Empfänger? Das ist am Mythos dran“ Quelle
„Wer für Bürgergeld seinen Job kündigt, tappt in fünf Armutsfallen“ Quelle
Die Bürgergeld Diskussion wird meist von Leuten geführt, die nur selten überhaupt ein nennenswertes Grundwissen zu dem Thema haben. Sie hantieren mit falschen Zahlen, suchen sich als Argumentation extrem Beispiele raus. Dieses wird noch durch Populisten befeuert. Es lenkt so schön ab von denen, die sich seit Jahren immer mehr aus unserer Solidargemeinschaft herausziehen und unterm Strich am meisten von ihr profitieren. Es ist ein widerliches Spiel. Lasst euch nicht zum Werkzeug der Starken (Reichen) machen. Vergesst nicht, dass ihr denen das Leben erleichtert und unter Umständen Alten, Kranken oder alleinerziehenden Menschen nur das Leben noch schwerer macht. Eines Tages könntet ihr selber zu diesen gehören. Ein Unfall, eine Krankheit oder unverschuldete Arbeitslosigkeit bringen einen schnell in dieselbe Situation. Besinnt euch dessen.