Erste zaghafte Versuche, das Gedenken vom Unglücksort an eine andere Stelle in der Stadt zu verlagern, wie zum Beispiel in den Garten der Erinnerung am Innenhafen, wurden spätesten mit dem Anlegen einer provisorischen Gedenkstätte auf der Rampe schnell im Keim erstickt. Auch der Bau des Mahnmals änderte nichts an diesen Forderungen der Angehörigen, Betroffenen aber auch den Duisburger Bürgern auf der Rampe selbst einen würdigen Gedenkort einzurichten.
Lange und zähen Verhandlungen zwischen Vertretern der Angehörigen, dem Verein Loveparade Selbsthilfe und später der BI Lopa 2010 auf der einen Seite, Stadt Duisburg und dem Besitzer des Grünstücks Kurt Krieger auf der anderen Seite, über Jahre hinweg, waren die Folge. In der Zwischenzeit hielten ehrenamtlich Aktivisten von Never Forget den Opfern der Loveparade und der Bürger Initiative Gegen das Vergessen Lopa 2010 das Gedenken am Unglücksort mit der Pflege der provisorischen Gedenkstätte aufrecht. Eine Unterstützung durch die politische Stadt Duisburg erfolgte nicht, eher im Gegenteil.
Was gab es nicht alles für Ideen. Von einer Kapelle bis hin zu einer Sarkophag Lösung
Eine kleine Kapelle an einem Fußweg, der von der Karl-Lehr Straße hinauf zum Gelände führen sollte oder eine sogenannte Sarkophag Lösung die einen kleinen nach oben geschlossenen Raum vorsah, der noch nicht einmal für jeden zugänglich sein sollte. Von Würde im Umgang diesbezüglich mit den Angehörigen ebenfalls keine nennenswerte Spur. Es wirkte, als wenn sich die politische Stadt Duisburg mit Händen und Füßen gegen eine Gedenkstätte am Unglücksort wehren würde. Dabei spielte es auch keine Rolle, wer da nun als oberster Kopf im Rathaus saß, Sauerland, Greulich und Link haben sich dabei nicht mit Ruhm bekleckert. Für die Menschen dieser Stadt ein beschämendes Bild. Die immer wieder verlangten Schweigeabkommen schienen ebenfalls einzig und allein dafür genutzt zu werden, hinter den Kulissen ein schäbiges und unwürdiges Verhalten der Politik nach Möglichkeit nicht an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen.
Anfang 2013 kam es dann doch zu einer Einigung zwischen Krieger Bau, Vertretern der Angehörigen und durch die BI Lopa 2010 vertretenen Traumatisierten und Verletzten. Dann ging es Schlag auf Schlag. Schon kurze Zeit später begannen Krieger Bau mit den Umbauarbeiten am Unglücksort.Die Gedenkstätte sollte bis zum 3.Jahrestag fertig sein. Die BI gegen das Vergessen ,BI Lopa 2010 sowie Never Forget und weitere Helfer räumten die Gedenkstätte ab und lagerten die Trauergaben vorübergehend ein um sie nach der Fertigstellung wieder in den Ort zu integrieren. Gleichzeitig dokumentierte die BI Gegen das Vergessen jede Umbauphase und begleitete Betroffene das erste Mal zur Baustelle. Viel hatten Angst von dem neuen Ort getriggert zu werden. Während des Umbaus fanden dann auch Gespräche über die Gestaltung der Fläche statt. Da Kurt Krieger die gesamten Kosten für die neue Gedenkstätte übernommen hat wurde ihm sein Lebensbaum gegönnt.
2015 wurde dann eine gespendete Gedenstele angebracht in denen später Kacheln mit den Bildern von verstorbenen eingesetzt wurden. Allerdings nicht von allen 21, einige Eltern haben sich dagegen ausgesprochen. So bleiben bis heute einige Felder weiß. Genauso weiß und nackt wie der Betonstein an der Stele. Dieser soll symbolisch für die Traumatisierten und Verletzten stehen. Im gleichen Jahr erfolgte die Gründung der „Stiftung Duisburg 24.07.2010“
Während nach der Fertigstellung der Gedenkstätte auch weiterhin diese ehrenamtlich von Betroffenen und Aktivisten auf eigene Kosten gepflegt wurde, zogen diese sich mit der Gründung der Stiftung mehr und mehr vom Ort zurück, mit entsprechenden folgen. Da auch das Projekt Stiftung schon nach einem Jahr als gescheitert betrachtet werden konnte wurden auch keine weiteren Gespräche über die Gestaltung der endgültigen Gedenkstätte mehr geführt. Somit wurden auch viele Ideen und Vorschläge die unter anderem ein lebendiges Gedenken aufrecht erhalten sollten und zur Aufarbeitung der Katastrophe beitragen sollten bis heute nicht umgesetzt. Selbst das Gedenken an die Traumatisierten wurde auf das allernötigste beschränkt sogar versucht zu verhindern.
Heute wird die Gedenkstätte weitest gehend sich selbst überlassen. Nur einmal im Jahr wird rechtzeitig zum Jahrestag der Schein aufrecht gehalten das der Ort gepflegt wird. Bilder übers Jahr bezeugen allerdings das Gegenteil. Selbst Obdachlose nutzen hin und wieder diesen Ort mit den entsprechenden Auswirkungen.Augenscheinlich soll das Gedenken und erinnern an das Unglück und deren folgen nach und nach verschwinden. Vereinzelt nehmen Aktivisten noch heute die Aufgaben wahr wofür die Stiftung eigentlich verantwortlich ist. Aus einem Ort der Begegnung, einem Ort der Trauer und Gedenkens ist ein kalter, lebloser Platz geworden der einmal im Jahr zum Schaulaufen von Stadt und Stiftung herrgerichtet wird.
Chronik der Gedenkstätte
August 2010
Erste Demonstration für eine würdige Gedenkstätte am Unglücksort vor dem Duisburger Rathaus durch Kornewlia Hendrix von Never Forget den Opfern der Loveparade.
September 2010
Nach Abräumen der Trauergaben am Unglücksort richtet Never Forget den Opfern der Loveparade eine „provisorische“ Gedenkstätte ein.
Juni 2011
Die Eltern von Eike Mogendorf kritisieren die Vorschläge, die Stadt und Firma Krieger zur Gestaltung der Rampe gemacht haben. Den versprochenen Austausch mit den Opfern habe es nicht gegeben. Am 15. Juni, „wurde besprochen, dass es ein Team geben soll“, erinnert sich Klaus-Peter Mogendorf. Diese Arbeitsgruppe aber, kritisiert der Bauingenieur, habe es nie gegeben. „Stattdessen wurden uns nur Entwürfe unterbreitet.“ es habe die angekündigten „Verhandlungen“ und den „intensiven Austausch“ mit den Hinterbliebenen und Verletzten, von dem Stadtdirektor Greulich spricht, „einfach nicht gegeben“, so Mogendorf:
Dezember 2010
Die provisorische Gedenkstätte erinnert jetzt mit 21 Kreuzen am Unfallort der Loveparade an die 21 Opfer vom Juli. Auf der Treppe an der Rampe platzierten an Heiligabend Helfern 21 Kreuze mit den Namen der Opfer.
„Nach der Loveparade-Katastrophe mit 21 Toten soll der Unglücksort zugeschüttet und überbaut werden. Am Freitag wurde Stadtdirektor Peter Greulich eine Petition überreicht, mit der Forderung “den Ort des Leidens und der Trauer“ nicht zu zerstören.“ Quelle
„Die Frage, ob der Unglücksort der Loveparade als Denkmal im Rahmen der Krieger-Pläne zur „Duisburger Freiheit“ erhalten bleiben soll, wird alle Beteiligten noch weiter beschäftigen. Die neuen Planungen sehen durchaus einen Standort für ein Denkmal auf der Fläche vor. Er liegt jedoch gegenüber dem Unglücksort auf der Ebene der Gesamtfläche. „Quelle
„Und so liegt der Verdacht tatsächlich nahe, dass man darauf setzt, mit der Rampe auch das Thema zuzuschütten. Dass ein Mahnmal gerade gebaut und demnächst neben dem Tunneleingang auf der Neudorfer Seite montiert wird, ist für die Angehörigen eine Sache. Den Ort der Tragödie zu erhalten, eine ganz andere. Das sollte respektiert werden.“ Quelle
Juli 2011
Der Stadt Duisburg schwebt für die Gedenkstätte eine geschlossene Lösung vor. Der Unglücksort solle zwar zu sehen, aber nicht für jedermann offen stehen. Laut Stadtdirektor Peter Greulich soll nach den Vorstellungen der Stadt, die Treppe und ein schmaler Streifen erhalten bleiben, aber keine öffentliche Gedenkstätte. Der Ort soll zwar zu sehen sein, aber nicht jedermann offen stehen. „Wie wollen sie die Würde dieses Ortes erhalten, wenn sie für jedermann frei zugänglich ist?“, äußert Greulich seine Bedenken. Ihm schwebe eine Lösung vor, bei der ein kleiner, unmittelbar betroffener Personenkreis die Gedenkstätte beispielsweise mittels Schlüssel jederzeit begehen könne. Für alle anderen soll nur der Blick darauf möglich sein.
„Der Stadt Duisburg schwebt für die endgültige Loveparade-Gedenkstätte eine geschlossene Lösung vor. Der Unglücksort solle zwar zu sehen, aber nicht jedermann offen stehen. „Das ist in jeder Hinsicht unterirdisch“, kritisiert das Netzwerk Loveparade.“ Quelle
„Am Freitag wollte Stadtdirektor Greulich einen überarbeiten Lösungsvorschlag für die Loveparade-Gedenkstätte vorstellen. Zur Einigung mit den Angehörigen kam es nicht. Der Vater eines Todesopfers äußert Bedenken gegen das Schweigeabkommen der Beteiligten.“ Quelle
„Mit gemischten Gefühlen gehen die Angehörigen der Loveparade-Opfer am Freitag in das nicht-öffentliche Treffen, bei dem Stadtdirektor Greulich ihnen einen zweiten Vorschlag zur Gestaltung der Unglücksrampe machen will. Entwürfe durften sie zuvor nicht sehen.“ Quelle
„Die Eltern des bei der Loveparade gestorbenen Eike Mogendorf kritisieren die Vorschläge, die Stadt und Firma Krieger zur Gestaltung der Rampe gemacht haben. Den versprochenen Austausch mit den Opfern habe es bislang nicht gegeben.“ Quelle
September 2011
Angehörige der Opfer und Überlebende sowie Vertreter der Stadt Duisburg und des Grundstückseigentümers einigen sich darauf, dass die Gedenkstätte für die Opfer der Loveparade in Duisburg direkt an der Unglücksstelle errichtet wird. Die Rampe am Unglücksort sollte eigentlich der Neugestaltung des Geländes weichen.
Oktober 2011
Aufgrund der bisher immer wieder gescheiterten Einigung, wie eine würdige Gedenkstätte am Unglücksort aussehen kann, stellen Angehörige einen eigenen Entwurf vor.
Oktober 2011
Auch das dritte Treffen, bei dem Vertreter der Loveparade-Opfer mit Möbel-Investor Krieger über die Gedenkstätte verhandelten, blieb ergebnislos. Die Pläne, die der trauernde Vater Klaus-Peter Mogendorf jüngst präsentiert hatte, wurden rigoros abgelehnt. „Die Gedenkstätte ist nicht nur für uns Angehörige, sondern für die gesamte Stadt Duisburg wichtig“, betont Klaus-Peter Mogendorf.
November 2011
Möbelunternehmer Kurt Krieger kommt den Opfern der Katastrophe in einem Brief bei der Gestaltung der Loveparade-Gedenkstätte entgegen. Kriegers Vorschlag für die Gedenkstätte sieht vor, dass der Raum (ca. 70 bis 80 Quadratmeter) in Gänze nach oben offen ist. Der Eingangsbereich am Tunnel soll gegenüber älteren Ideen verbreitert werden. Ein Tor verschließt den Zugang von der Karl-Lehr-Straße aus. Stattdessen könnte der Zugang über eine zusätzliche Treppe vom Gelände aus erfolgen. Das Stellwerkhaus über der Rampe sei jedoch nicht er haltbar.
Januar 2012
Am Samstag haben sich Hinterbliebene der Loveparade-Todesopfer mit Möbel Investor und Grundstücksbesitzer Kurt Krieger getroffen, um im kleinen Kreis über die Gestaltung der Loveparade-Gedenkstätte am Ort der Katastrophe zu beraten. Kurt Krieger will die Hinterbliebenen und Vertreter von Loveparade Selbsthilfe bald nach Berlin einladen – zu einer nächsten Verhandlungsrunde.
Juni 2012
Kurt Krieger hat die Verhandlungen über die Gestaltung der Gedenkstätte am Ort der Katastrophe für beendet erklärt. Die Verhandlungen zwischen den Hinterbliebenen der Loveparade-Toten und Möbel-Investor Kurt Krieger sind wieder in einer Sackgasse. Trotz Zusagen über einen zunächst scheinbar gefundenen Kompromiss, wurde das dann vorgestellte Modell der Gedenkstätte wieder nach älteren Vorstellungen Kriegers gestaltet. Krieger habe danach die Verhandlungen für beendet erklärt, schildert der Verein.
Juli 2012′
Duisburger Stadtrat beschließt Bebauungsplan für ein großes Möbelhaus auf dem Unglücksgelände. Der Plan hält rund 660 Quadratmeter für die Gedenkstätte frei. Der Eigentümer wollte zunächst nur rund 100 Quadratmeter seines Geländes zur Verfügung stellen.
Januar 2013
Kurt Krieger hat das Treffen mit Vertretern der Hinterbliebenen und Betroffenen vorzeitig verlassen. Er wollte zwei Forderungen nicht berücksichtigten: zum einen die Stahl-Silhouette als Ersatz für das Stellwerkhaus, zum anderen einen breiteren Zugang vom Tunnel zur Gedenkstätte.
Februar 2013
Grundstückseigentümer Kurt Krieger verkündete nach 2 Jahren eine Einigung mit einem Großteil der Hinterbliebenen und Betroffenen. Die Gedenkstätte wird einen Meter breiter als ursprünglich vorgesehen, damit keine Stellen überbaut werden, an denen Opfer bei der Katastrophe im Gedränge ums Leben kamen. Vertreter des Vereins Loveparade Selbsthilfe hingegen wollen nicht von einer Einigung sprechen.
März 2013
Beginn der Umbauarbeiten an der Unglücksstelle.
Juli 2013
Die umgebaute, endgültige Gedenkstätte wird am Unglücksort eröffnet.
März 2015
Unbekannte verwüsten die Gedenkstätte für die Opfer der Loveparade 2010 in Duisburg . Nach Polizeiangaben zerstörten die Täter dabei die aufgestellten Grablichter, Dekorationen und Kränze.
Juli 2016
16 Keramikkacheln mit Fotos der Opfer an der Gedenkstele auf der Gedenkstätte angebracht. Die Kachel wurden in Madrid hergestellt.
Juni 2020
Gedenkstätte erhält neuen Gedenkstein für die Traumatisierten und Verletzten des Unglücks. Gestiftet wurde der Stein vom Duisburger Künstler und Steinmetz Marco Morosin.
Juni 2023
Die Gedenkstätte der Loveparade-Katastrophe in Duisburg wurde wieder einmal durch Vandalismus zerstört. Zum ersten Mal wurden auch Bilder der Toten zerstört.