24 Juli 2010
Kein anderer Tag prägte mein zukünftiges Leben wie dieser.
An diesem Tag fand in Duisburg, auf dem Gelände des „Alten Güterbahnhof“, die Loverparade 2010 statt.
An diesem Tag starben bei einer Katastrophe 21 Menschen über 600 wurden körperlich Verletzt mehr als tausend Menschen gelten seither als traumatisiert.
Einer dieser traumatisierten bin ich.
Nachdem ich mehrfach die Loveparde in Berlin erlebt hatte bot es sich natürlich an wo sie direkt vor der Haustüre stattfinden sollte das ganze noch einmal mitzuerleben.
Da ich meinen Freunden immer wieder von dieser Veranstaltung begeistert erzählt hatte wollten sie selbstverständlich das ganz auch mal hautnah miterleben.
Ich hatte mir die Loveparade in Essen angeschaut und war offen gesagt eher enttäuscht als begeistert, es fehlte einfach das Flair von Berlin.
Es war nicht das gleiche und trotzdem wollte man noch einmal das ganze mitmachen.
Dortmund hatte ich schon ausgelassen, Bochum war abgesagt worden und nun das ganze, quasi vor der eigenen Haustüre.
Ach komm ein letztes mal das ganze und meinen Freunden halt mal zeigen wie es sich anfühlt das ganze Live mitzuerleben.
Gesagt getan und so traf man sich halt vormittags vor dem Einlass Kreuzung Düsseldorfer Str./Kar Lehr Str.
Wie es dann weiter ging hab ich hier ausführlicher beschrieben.
Als wir das Gelände des alten Güterbahnhofs verlassen hatte begaben wir uns direkt nach Hause.
Zu diesem Zeitpunkt wohnte ich knapp 10 Minuten Fußweg vom Karl Lehr Tunnel entfernt das ganze musste erst einmal verdaut werden.
Ich verfolgte natürlich die Live-Berichterstattung im WDR und mir wurde nach und nach klar was für ein Glück hatten.
Anfangs hieß es ja noch das „im“ Tunnel eine Massenpanik ausgebrochen sei und erst später kristalierte sich heraus das das schlimmste an der „Treppe“ passiert ist.
Nachdem der erste Schock verdaut war, das eine PTBS hängen geblieben war ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht, die unsägliche Pressekonferenz, das weglaufen vor der Verantwortung der Schuldigen der Katastrophe veranlasste mich politisch ein wenig zu Engagieren.
Es fing recht harmlos an, in der WAZ Kommentarfunktion.
Zahlreiche User regten sich vor allem, wie auch ich, über das Verhalten des damaligen Oberbürgermeister Adolf Sauerland auf.
Er ließ aber auch wirklich kein Fettnäpfchen aus.
Als der „Weltkindertag“ im Duisburger Innenhafen durch Adolf Sauerland eröffnet werden sollte ging das einigen so kurz nach der Katastrophe dann doch zu weit.
Wie meine erste Demo so gelaufen ist könnt ihr hier nachlesen,
Es lohnt sich.
So entwickelte sich aus dieser ersten Demo die Gruppe „Duisburg 21- Suchet der Stadt bestes„
Doch das alleine reicht mir nicht als Duisburger hatte ich auch das Bedürfnis den Opfern dieser Katastrophe im Rahmen meiner Möglichkeiten zu helfen.
Also nahm ich auch an einer Demonstration für eine würdige Gedenkstätte am Unglücksort teil.
Dabei sollte es dann auch eigentlich bleiben und doch schlidderte ich nach und nach immer tiefer in das ganze rein.
Ich schloss mich noch der losen FB Gruppe „Never Forget den Opfern der Loveparde“ an die an jedem 24 des Monats mit kleinen Aktionen den opfern gedachten auch mal zwischendurch eine Demonstration abhielten aber hauptsächlich sich um die von Kornelia Hendrix eingerichtete provisorische Gedenkstätte am Unglücksort kümmerten.
Hätte ich es doch mal dabei belassen.
Doch wenn Schales was macht dann mach er es richtig, halbe Sachen gibt es nicht.
So wurde aus der losen Gruppe dann irgendwann ein Verein dessen 2. Vorsitzender ich wurde.
Nach einigen internen Querelen nahm ich mit anderen Mitglieder dann irgendwann dort meinen Abschied und gründete mit anderen ehemaligen Mitgliedern als Nachfolge des Vereins Never Forget die „Bürger Initiative Gegen das Vergessen„
Natürlich haben wir uns auch weiterhin bemüht das Adolf Sauerland sich nicht noch länger an seinem Chefsessel im Rathaus klammert und die seine Abwahl unterstützt.
Mit Erfolg.
Adolf Sauerland wurde erfolgreich abgewählt.
Aber das nur am Rande.
Vereinsstrukturen haben wir uns nie gegeben davon hatten wir erst einmal die Schnauze voll.
Wir kümmerten uns weiterhin um die provisorische Gedenkstätte und unterstützen Betroffen und Angehörige bei einigen Projekten. Am 2 Jahrestag hielten wir am bis dahin noch original getreuen Unglücksort einen Mahnwache ab in deren Verlauf das erste mal die sogenannte Nacht der 1000 Lichter stattfand. Eine Sache die bis zum heutigen Tag fester Bestandteil der Jahrestage ist und jeweils am Vorabend des Unglücks statt findet.
Im laufe der Zeit habe ich mit weiteren Betroffen zusammen getan und den Verein „Betroffenen Initiative Lopa 2010“ gegründet.
Da es mittlerweile zahlreiche Vereine und Organisationen gab war es unser Ziel durch Gründung einer Stiftung, diese zu bündeln und gemeinsam mit Veranstalter, Stadt Duisburg eine große Organisation auf den Weg zu bringen statt sich viel im klein klein weiterhin verzetteln.
Nach einigen Jahren intensiver Gespräch konnte tatsächlich 2005 Vollzug gemeldet werden.
Zum 5 Jahrestag wurde dann offiziell die „Stiftung Duisburg 24.07.2010„, deren Mitbegründer ich war vorgestellt.
Da die von der Stadt Duisburg geprägte Stiftung immer wieder die Wünsche und Belange der Betroffenen und Angehörige Ignorierte und diese zu schmückenden Beiwerk verkümmern lassen wollten traten die Betroffen die auch mit im Beirat saßen enttäuscht aus der Stiftung aus.
Ich selbst zog mich dann auch Beginn des Prozesses in Düsseldorf aus der ganzen Lopa Sache raus, acht Jahre Kampf hatten ihre Spuren hinterlassen und es wurde Zeit sich auch mal wieder um sich selber zu kümmern.
Als ich mich im Dezember 2017 auch aus gesundheitlichen Gründen zurück gezogen hatte, musste ich im Januar 2018 feststellen das es wohl dafür schon zu spät war.
Ein Schlaganfall traf mich und seither habe ich mit den Folgen zu kämpfen.
Nach knapp vier Monaten Reha hatte ich mich wieder etwas zurück gekämpft.
Ich konnte wieder sitzen und das laufen klappte, wenn auch nur noch am Rollator oder Gehstock, einigermaßen.
Doch blieben die meisten Einschränkungen erhalten.
Aber er lebt noch und versucht wenigstens ein wenig das Leben zu genießen.
Woran auch die 2020 erfolgte Unterschenkelamputation nichts ändern kann.